QUEER*WELTEN 14-2025

Zur Ausgabe 14/2025:

In der 14. Ausgabe des queer*welten-Magazins vom Amrûn Verlag kuratierten die drei Herausgeberinnen Judith Vogt, Lena Richter und Heike Knopp-Sullivan neben phantastischen Kurzgeschichten auch zahlreiche Kürzestgeschichten „Nach dem Ende“ mit 500 Zeichen Länge. 

Kurzeindrücke der einzelnen Texte:

Vom Heraustreten am Tage
von Roxane Bicker

Nach dem Ende:

Für Gött*innen vergeht die Zeit ziemlich sicher in ganz anderen Bahnen als bei uns Menschen. Nicht die 24 Stunden eines Tag-Nacht-Zyklus, nicht die 7 Tage einer Woche, nicht die ungefähr 27,3 Tage eines Monats, nicht die ungefähr 365,3 Tage eines Jahres und auch nicht die 4,5 Milliarden Jahre unserer Erde bzw. unseres Sonnensystems (ca. +0,1 Milliarden Jahre) sind ihnen wahrscheinlich bewusst.

In der Kürzestgeschichte von Roxane Bicker begrüßt das göttliche Wesen während 13,8 Milliarden Jahren das Vergehen und Werden unseres Universums wie einen einzelnen Tag. Das nenne ich mal Entschleunigung.

Notiz an mich: Unbedingt an diese Geschichte denken, wenn ich das nächste Mal ungeduldig werde oder etwas/jemand zu spät kommt.

Ava und die Apokalypse
von Kristina Schreiber

Nach dem Ende:

Es ist eines der besten Gefühle: Die totale Verschmelzung mit einem Buch. Wenig kann die Situation toppen, wenn du in die Handlung einer Geschichte so eintauchst, dass du dich mit einem Charakter völlig identifizierst oder so sehr mitfieberst, dass du dich wie ein eigener Charakter im Buch fühlst, der von der/dem Autor*in überhaupt nicht geschrieben worden ist.
Und wenn dann der letzte Satz gelesen, die letzte Seite umgeblättert ist … bist du alleine. Brutal von den so lieb gewonnenen Charakteren getrennt. Ohne den Hauch einer Chance, wieder Teil der Handlung zu sein. Ausgestoßen, herausgeworfen, ausgespuckt.
Die grausamste Untat einer/eines Autor*in an einer/einem Leser*in.
Es ist eines der schlimmsten Gefühle … und eines der schönsten.

Wie sich das Spektrum der Emotionen und der schmerzhafte Übergang raus aus der Welt der Zeilen anfühlt, packt Kristina Schreiber komprimiert und eindrücklich in ihre 500-Zeichen-Kürzestgeschichte.

Arbeitskampf
von Corina Marin

Nach dem Ende:

Wer kennt das nicht? Die Dämonenjagd ist ja zumeist ein Ein-Frau-/Mann-Job. Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Die Solo-Nummer ist ja auch durchaus attraktiv und beabsichtigt. Zum einen ist es mehr als unwahrscheinlich, dass man einen oder mehrere Partner findet, mit denen man über einen längeren Zeitraum an unwirtlichen Orten bei endlosem Warten und dann wieder hektischem Überleben Zeit verbringen möchte. Von dem Problem, anderen das eigene Leben anvertrauen zu müssen, mal ganz zu schweigen.
Im Grunde ist man selbständig, leitet seine eigene kleine Firma und ist sein*e einzige*r Mitarbeiter*in.
Welche negativen Konsequenzen, an die Leute, die nicht aus dem Metier sind, dies auf lange Sicht hat, man denke da nur an die nicht genommenen Urlaubstage, die fehlende Kranken- und Pflegeversicherung und vor allem die nicht zu erwartende Rente, führt uns Corina Marin in ihrer Kürzestgeschichte unterhaltsam-anschaulich vor Augen.

Deep Space – Testosterone Blues
von Beau Maibaum

Kurzgeschichte:

Auch auf fernen Monden, in Welten, die sich auf vielfältige Weise weiterentwickelt haben, versucht jede*r zu überleben und ein kleines Stückchen vom Glück zu finden und festzuhalten. Doch einiges bleibt in ferner Zukunft und abseits unseres Sonnensystems auch beim Alten: Ein winziger Anteil der Menschen ist privilegiert und beutet die Himmelskörper und die Mehrheit der auf ihnen lebenden Bewohner*innen aus. Zur Verschleierung von Amoral und räuberischem Korporatismus werden wie eh und je bewährte Feindbilder kreiert und über machtlose Minderheiten gestülpt.
Wie das einfache und harte Leben in dieser Welt, Menschen an einen Scheideweg bringen kann und deutlich wird, dass sich die Unterdrückten gegenseitig selbst in Schach halten und den Mächtigen damit einen Großteil der Arbeit freiwillig abnehmen, nur, um selbst ein klein bisschen besser leben zu können, zeigt Beau Maibaum mit viel Gefühl für die leisen Töne in einer groben und schmutzigen Zukunft, die sich doch gar nicht so sehr von unserer Gegenwart unterscheidet.
Wie schon in den Tags vermerkt ist: Es ist kompliziert.

Wo kein Anfang …
von Jeannie Marschall

Nach dem Ende:

Jeannie Marschall führt uns in ihrer Kürzestgeschichte verschmitzt vor Augen, dass so manches Fabel-/Sagen-/Märchen-/Phantastik-Wesen nicht nur mehr von Magie, sondern auch viel mehr von Physik versteht, als die armen menschlichen Abenteurer*innen und Glücksritter*innen.

Grün auf Glas
von Martina John

Nach dem Ende:

So dystopisch unsere Zukunft auch aussehen mag, so hoffnungsvoll-versöhnlich mag uns die Kürzestgeschichte von Martina John stimmen, in der unaufgeregt erzählt wird, dass sich die Natur vom Schicksal der Menschheit völlig unbeeindruckt zeigt und sich dort Lebensräume erschließt, wo Leben möglich ist. Egal, ob wir das gut finden oder nicht.

Meerfrau wider Willen
von Katja Rocker

Kurzgeschichte:

Aus verschiedenen Welten zu stammen, kann für die jeweils andere Frau durchaus in einem Maße so interessant sein, dass man gerne in die Haut der anderen schlüpfen möchte. Doch in der anderen Welt zu überleben, ist so einfach nicht. Denn, so unterschiedlich man selbst und die Lebensbedingungen auf der anderen Seite auch sind, die Liebe vermag bekanntlich alle Grenzen zu überwinden.

Zuckersüßes Meerjungfrauenmärchen der besonderen Art, bei dem zum Glück niemand (außer ein paar Meeresfrüchten) ernsthaft zu Schaden kommt.

Prophezeiung für Gamergötter
von Emma Hogner

Nach dem Ende:

Angenommen, Gött*innen existieren ewig, was ja durchaus eine weit verbreitete Annahme ist … die Problematik eines Anfangs ohne Ende oder einer/einem Unbewegten Beweger*in wollen wir mal außer Acht lassen … dann ist es wahrscheinlich, dass ihr Verständnis von Zeit ein leicht von Menschen abweichendes sein könnte … ich denke da nur an die Drosophilidae im Vergleich zu den Hominidae.
Geht man weiterhin davon aus, dass es die mächtigsten Wesen im Universum (und dem ganzen Rest) sind, muss ihnen mangels existentieller Nöte im Grunde extrem langweilig sein.

Nur zu verständlich, dass Emma Hogner uns in ihrer Kürzestgeschichte ‚Prophezeiung für Gamergötter‘ nahebringt, wie es Gött*innen geht, wenn ihr göttlicher Zeitvertreib zu einem unbefriedigendem Ende kommt und ein Reset die einzige Option ist.

ge)spalt(en
von Teresa Teske

Nach dem Ende:

Ist es das Schicksal der Menschen, immer und immer wieder aus der Gemeinsamkeit in die Abgrenzung zu driften? Müssen wir es immer wieder bis zur Eskalation kommen lassen, deren Konsequenz uns dann paradoxerweise völlig überrascht?
Der Hang zum Vergessen und die Bestrebungen vergessen zu wollen, was uns eint, nähren bedauerlicherweise immer und immer wieder den Untergang von Zivilisationen.

Teresa Teskes Kürzestgeschichte, die ein Gedicht ist, wühlt auf und trifft den Kern des Menschseins und unseren Untergang.

Der Duft von Flieder
von Lisa Olthafer

Kurzgeschichte:

Feindbilder sind schnell aufgebaut und allzu leicht über Generationen tradiert. Die ‚Anderen‘ sind in dieser Realität die Bösen und an allem Bösen schuld. Kulturelle Eigenarten, die einem selbst fremd sind, wurden von jeher der Zauberei, Blasphemie und einer Anti-Göttlichkeit zugeschrieben, die es zu bekämpfen und zu vernichten galt.
Was wie ein Plot aus einer Phantastikerzählung klingt, ist Teil unser aller realen Geschichte und leider auch der Gegenwart.

Lisa Olthafer überträgt diese allzu menschliche Xenophobie in eine Welt voller fremdartiger Phantasiewesen, nur um uns vor Augen zu führen, welches Leid es bringt sowie Familien und Freundschaften zerstört. Wenn wir verblendet durch Vorurteile, die aus Angst und Hass geborenen Geschichten ungeprüft immer und immer wieder nacherzählen und den ‚Anderen‘ absprechen, ihr Leben nach ihrer Kultur leben zu können, ohne hinter die Klischees auf die Menschen zu schauen und sie verstehen zu wollen, werden wir die Geschichte wohl immer wieder und wieder und wieder wiederholen.

In den Himmel geschrieben
von Mila Münchow

Nach dem Ende:

Die Rolle der/des Mahnenden oder Warnenden zu übernehmen, ist selten leicht. Wer möchte schon gerne hören, dass etwas Schlimmes bevorstehenden könnte? Ob das eine kleine Unpässlichkeit oder eine globale Katastrophe ist … selten dankt man es ihr/ihm. Ganz im Gegenteil, derlei Personen werden der Einfachheit halber gerne persönlich angegriffen, statt sich mit dem Inhalt der Warnung auseinanderzusetzen. Unendlich tragisch und traurig wird es, wenn diejenigen, die andere warnen möchten, selbst Unheil erfahren.

Glücklich leben
von Helena M. John

Nach dem Ende:

Die immer und immer wieder erzählte Suche nach dem gemeinsamen Glück, hat womöglich einen kleinen Bias:

Wenn die Wünsche und Sehnsüchte der Frauen nach dem Glück mit Männern in Geschichten, Filmen und Serien erzählt werden und als Standard gelten, was sagt das eigentlich über deren Wahrheitsgehalt aus?

Was, wenn das Happy End unserer (hauptsächlich von Männern!?) tradierten Geschichten, gar nicht das eigentliche Ziel oder Ende aus der Sicht der Frauen ist? Was, wenn das letzte Kapitel der Geschichte nur das Mittel zu einem Zweck war, der jenseits des vermeintlichen Endes lag/liegt? Was, wenn es gar nicht um das Gemeinsame ging/geht, sondern um ein (anschließendes) Weiterleben ohne den Mann?! Selbstbestimmt. Allein, aber nicht weniger glücklich.

Welch katastrophale Zustände hätten wir dann?

Horden schmollender Männer würden von ihren Sofasesseln aufstehen müssen. Sie würden in nicht durchorganisierte Haushalte nach der Arbeit heimkehren können. Sie würden keine Frau mehr vorfinden, die sich an den Mann anlehnen, seine schwellende Brust bewundern und seine konsequent „typisch männlichen“ Marotten ertragen müsste. Selbständige, starke Männer müssten plötzlich wieder für sich selbst sorgen und könnten nicht mehr all die unliebsamen Aktivitäten im Haushalt, in der Familie und der Partnerschaft, die ach so wenig mit Spaß und Ego Pflegen zu tun haben, an die Frau abtreten, um sich vorrangig ihren testosterongesättigten Hobbies widmen zu können.

Was wäre das für eine existentielle Zerreißprobe für das jahrtausendealte in schön-beruhigenden Happy-End-Geschichten tradierte Patriarchat … und eigentlich ein noch schöneres Ende.

Parasiten
von Katharina Malzmüller

Kurzgeschichte:

Welche Lebensformen als Parasiten bezeichnet werden, hängt vor allem von denjenigen Lebensformen ab, von denen sie zehren. Die Grenzen sind fließend und was für den einen ein Symbiont ist, kann für andere dummerweise schnell zum Parasiten werden.
Eine spannend-kurzweilige hoffnungslos-heitere Kurzgeschichte mit zerstörerischen Verläufen im ewigen kosmischen Kreislauf.

Funkenschlag
von Iris Leander Villiam

Nach dem Ende:

Woher beziehen Gottheiten ihre Energie? Eine durchaus nicht triviale Frage mit weitreichenden Konsequenzen.
Sind es spezielle Speisen und Getränke? Sind es die Gebete ihrer Gläubigen? Oder ist es eine gänzlich andere Energie, die sie bei ganz speziellen Aktivitäten anzapfen?
Iris Leander Villem ist in ems Kürzestgeschichte da einer ganz besonderen Energiequelle auf der Spur 😉

und wir bleiben
von Julia Winterthal

Nach dem Ende:

Das Ende all dessen, was wir kennen, ist zwar unausweichlich, aber womöglich anders als vorhergesagt. Das Ende ist es dennoch, gleichwohl es ein sehr lang andauerndes Ende sein könnte.
Welche Lebensform dieses Ende in welchem Zustand erleben wird und wie sie darüber reflektieren könnte, setzt Julia Winterthal zwar etwas hoffnungsfrei, aber poetisch in ihrer Kürzestgeschichte um.

Duell der Magix
von Kai Weidemann

Kurzgeschichte:

Ein Wettkampf ist normalerweise ein Kräftemessen, wo die Kräfte nicht unbedingt etwas mit Muskeln zu tun haben müssen. Das Ziel: als Team, Paarung oder Individuum zu siegen.
Doch was mich schon immer an dieser kompetitiven Form des Zeitvertreibs gestört hat, war die Angst zu verlieren. Was wird aus der Mehrheit derjenigen, die nicht gewinnen? Sind sie glücklich, mit dabei gewesen zu sein? Freuen sie sich für die Siegerx? Oder nagt das Versagen an ihrem Innersten und macht sie klein und unbedeutend bis sie sich aufrappeln und es erneut versuchen oder es eben akzeptieren, verloren zu haben?

Weshalb ist das aber so? Lehrt uns nicht das Leben, dass Kooperation der Schlüssel zum Erfolg ist? Wer hat eigentlich entschieden, dass es beim Wettkampf um das Siegen einer Mannschaft oder des Einzelnen geht? Wieso kann das Ziel nicht sein, gemeinsam eine Herausforderung zu meistern, ohne höher, schneller, weiter, besser als die anderen sein zu wollen?

Die Motivation siegen zu wollen kann durchaus verschieden sein. Die wohl harmloseste ist die, es sich einfach selbst beweisen zu wollen. Die vielleicht schlimmste ist, über den anderen stehen zu wollen.
Was, wenn es zum Lebensinhalt geworden ist, in allem einen Wettkampf zu sehen? Immer mehr als die anderen sein, die anderen in ihre Schranken weisen zu wollen, sie hinter sich zu lassen? Das allein stelle ich mir schon schrecklich vor, sowohl für die vermeintlichen Gewinnerx als auch für die Gescheiterten.

Aber es muss einen zerreißen, wenn man von den Gewinnerx nicht einmal als legitime Gegnerx gesehen wird, wenn man nicht dasselbe Recht hat, am Wettstreit teilzunehmen, wenn man tagtäglich zu spüren bekommt, dass man in ihren Augen keinerlei Existenzberechtigung hat, nur weil man ihre Lebensweise nicht exakt teilt.
Unter diesem massiven Druck stehen jeden Tag überall auf der Welt all jene, die von einer normierten Gruppe, die zahlenmäßig, aber keineswegs moralisch überlegen sein mag, diskriminiert, ausgegrenzt, verfolgt, verletzt und getötet werden. Nur, weil sie so sind wie sie sind.

Kai Weidemann packt in seine magiedurchwirkte Kurzgeschichte all den Schmerz und die Angst der Gejagten und Unterdrückten und stellt sie dem Hass und der Gewalt gegenüber, die meiner bescheidenen Meinung nach ebenfalls aus Angst geboren wird, in einem Wettstreit von Magix, ausgetragen in magischen Arenen. Er setzt auf Teamwork zweier sich Liebenden und sicher nicht zufällig wählt Weidemann als letzte der Arenen in diesem Duell der Magix eine magische Bibliothek aus, in der umgeben von tausenden Büchern der letzte Kampf zwischen Hass und Liebe ausgetragen wird.
Ich befürchte, dass sich vielleicht viele queere Autorx wie Cornelius und sein Mann fühlen: immer die omnipräsente Angst im Nacken und die anerzogene Scham im Herzen. Sich jeden Tag der Herausforderung stellen zu müssen, nicht so leben zu dürfen, wie man sich fühlt. Sich mal unsichtbar, mal als Fremdkörper zu fühlen … es für die anderen sogar tatsächlich zu sein … und manchmal sogar durch paradoxe Winkelzüge vom Opfer zum Täterx stilisiert zu werden.

Die beiden queeren Magix durchleben in Kai Weidemanns einfühlsam-spannenden Geschichte in komprimierter Form einen Teil der Torturen der queeren Community und zeigen in einer schier ausweglosen Situation, wie sich auf magische Weise Scham und Angst in Tapferkeit und Entschlossenheit verwandeln kann.
Eines, was mir diese Kurzgeschichte in Erinnerung gerufen hat, ist: Nicht queere Menschen sollten sich schämen, sondern wir cis Menschen.

Cyborg
von Nora L. Grossmann

Nach dem Ende:

Den eigenen Körper nicht als Zuhause zu spüren, muss eine Tortur in Dauerschleife sein. Die Transformation (wohl ebenfalls eine Tortur, aber meistens befristet) vollziehen zu können, ist für viele ein Segen der heutigen Medizin. Traurig nur, dass die Gesellschaft in Sachen Toleranz hinter den naturwissenschaftlichen Möglichkeiten hinterherhinkt.

Nora L. Grossmann hält uns in ihrer eindrücklichen Kürzestgeschichte einen zukünftigen Spiegel vor, würden wir noch einen Schritt weitergehen.

Widerlich perfide, bigott und auch paradox ist es übrigens, dass diejenigen (insb. narzisstische Tech-Milliardäre), die sich am liebsten in ewig lebende Cyborgs transformieren möchten, die radikalsten Gegner von Transsexualität sind.

Drei
von Christian Vogt

Nach dem Ende:

Ich möchte daran glauben, dass die Menschheit den klimakatastrophalen Schuss vor den Bug als Chance erkennen wird, gleichwohl nicht alle von uns die Post-drei-Grad-Ära erleben dürfen.

Leider hilft zu glauben in der realen Welt nur bedingt … deshalb lasst uns hoffen, denn zu hoffen, lässt uns zumindest die Energiereste zusammenkratzen, um mit einem Ziel vor Augen irgendwie weiterzumachen.

Unvollendet
von Roff Boff

Nach dem Ende:

Es gibt Prozesse in der Natur, die zyklisch sind und andere, die einen Anfang und ein Ende haben.
Wir, die wir unvollkommen in einer nicht gänzlich erfassbaren und deshalb nicht als vollkommen oder unvollkommen definierbaren Welt leben, erreichen irgendwann einmal den Zustand, müde und erschöpft zu sein, wenn sich alles immer wieder wiederholt und von Neuem beginnt. Ich denke, unsere linear verlaufende Endlichkeit ist nur eine Sequenz in dem übergeordneten anfangs- und endlosen Kreislauf.

Und obwohl ein Ende beängstigend sein kann, beruhigt und entlastet es doch ein bisschen, dass wir selbst (zumindest nach derzeitigem Stand der Wissenschaft… den Buddhismus möchte ich hier mal außen vor lassen) nicht zyklisch sind.

Von Ende zu Ende: Das ungenutzte Potenzial der (literarischen) Apokalypse
von Marie-Luise Meier

Marie-Luise Meier stellt in der gebotenen Kürze einen Abriss der apokalyptischen und post-apokalyptischen Erzählung vor. Sie erläutert die Mechanismen bzw. die Instrumentalisierung derselbigen hinter den Geschichten und entlarvt die Varianten des vermeintlichen Neubeginns nach der großen apokalyptischen Zäsur als zumeist simplifizierenden Dualismus von Gut und Böse, Mann und Frau, stark und schwach.

Daraus wird deutlich, dass durch die Erzählung vom Scheitern der Menschheit an sich selbst oder aber an ihren Errungenschaften zwar von einem Ausweg die Rede ist, dieser aber zumeist lediglich eine sehr reduzierte Restrukturierung alter Muster bedeutet. Der Wunsch nach Vielfalt in (post-)apokalyptischen Erzählungen dringt überdeutlich durch. Die Unsichtbarkeit oder das Ignorieren von Vielfalt hat die Apokalypse nicht wirklich verhindert, sondern sie womöglich sogar bedingt?

Statt einer immer wiedergekäuten Wiederholung des Dualismus (gähn) in Form eines „Schwarz-Weiß-Malen[s]“, wäre die Zeit für einen Pluralismus und jeder Menge Farben gekommen, die sich auch in (post-)apokalyptischen Texten, Filmen, Serien und Spielen manifestieren dürften.

Was bleibt

von Matthis Borda

Nach dem Ende:

Wenn der Kampf zu lange dauert … wenn er das eigene Leben vollständig bestimmt … kommt irgendwann einmal der Zeitpunkt, an dem man selbst zum Kampf wird. Aber was von uns würde am Ende dieses Kampfes übrig bleiben, wenn eine Seite tatsächlich gewänne?

Der eigentliche Sieg ist es, vorher den Kampf zu beenden, loszulassen und neu zu beginnen.

Eden

von Anne K. Ramin

Nach dem Ende:

Viele, die die Welt zerstören, glauben an einen Gott. Doch glauben sie tatsächlich auch daran, dass ihre Taten ohne Konsequenzen bleiben? Glauben sie tatsächlich, dass Gott ihnen das alles durchgehen lässt, ihnen verzeiht? Wenn es einen Gott gibt, ist es um einiges wahrscheinlicher, dass er sein Experiment beenden und enttäuscht und beschämt alles und jede*n dem göttlichen Feuer überantworten wird … inklusive der Labormitarbeiter*innen.

Und vielleicht … nur vielleicht … kommt irgendwann einmal eine andere, queere Gottheit und zieht das Experiment aus einem völlig anderen Blickwinkel neu auf.