Melanie Vogltanz: Weißer Wolf

Bewertet mit 5 von 5
„Manchmal musste man selbst zu Bestie werden, um Bestien niederzustrecken“
(Wolfswille, Weißer Wolf 1, S. 289)
Flux.2 Prompt: A fierce white werewolf with glowing eyes battling against arctic expedition members in a raging snowstorm, men in heavy fur-lined parkas wielding rifles and ice axes, desperate struggle in blinding white blizzard conditions, dramatic action scene, snow and ice particles swirling violently through the air, high contrast, dynamic composition, rough line drawing style, sketch art, bold linework, monochrome illustration, intense atmosphere, frozen tundra landscape, sense of danger and survival horror, late 1800s
(AI image, Flux.2)

Unsterblich zu sein, erscheint einem auf den ersten Blick ziemlich verlockend. Schließlich hat man unendlich viel Zeit zu lernen, zu genießen, zu lieben, zu erschaffen … zu leben.
Doch, was als unglaublich wertvolles Geschenk erscheinen mag, hat naturgemäß auch einen hohen Preis und vor allem eine ebenso unglaublich grauenhafte Kehrseite.
Der erste Teil der Wolfswille-Trilogie von Melanie Vogltanz wirft die Lesenden in eine zuerst urtümlich animalische Welt im ewigen Eis. Dort, wo kein Leben gedeiht und die Welt stillsteht, hat sich das unsterbliche Wolfswesen, der Hemykin Alfio, in ein vermeintlich sicheres Exil begeben, um die blutigen Konsequenzen seiner unkontrollierbaren und tödlichen Wolfsseite so verträglich wie möglich zu halten.
Doch für jemanden, der ewig lebt, ist alles mehr oder weniger vergänglich. So auch die eisige Isolation und Alfio findet gemäß den seiner Natur gesetzten Grenzen Anschluss an menschliche Gesellschaft im London des späten 19. Jahrhunderts. Doch so sehr er scheinbar Menschen in seiner Nähe wissen möchte, so sehr ist er sich der Gefahr bewusst, die er für jede und jeden, die/der ihm nahe kommt, darstellt.
Mit der Zeit muss er erkennen, dass er nicht die einzige Bestie in der englischen Hauptstadt und nicht jede Bestie zwangsläufig ein unsterbliches Wesen ist. Denn auch wenn Alfio dafür kämpft, seiner menschlichen Seite die Kontrolle über sein gespaltenes Wesen gewinnen zu lassen, so deutlich wird er mit der bestialischen Seite von Menschen konfrontiert.

Flux.2 Prompt: A tall, handsome, muscular man with angular facial features and long white hair, wearing late 19th century Victorian London clothing, kneeling on one knee before a wolf cub at the front door in front of a London townhouse, a pretty woman stands at the door in her dressing gown and slippers, rough line drawing style, sketch art, bold linework, monochrome illustration, late 1800s English architecture in background
(AI image, Flux.2)

Ein unglaublich spannend geschriebener Roman über einen Antihelden der besonderen Art, interessanten Exkursen zu fremden Kulturen und Epochen, intelligenten Verwebungen historischer Fakten mit phantastischen werwolfesken und vampiresken Aspekten, Selbstzweifel, Loyalität, Freundschaft, Sehnsucht, Mitgefühl, Wahnsinn und einem heftig-fulminanten mehrstufigen Crescendo am Ende des Bandes.
Sehr beruhigend, dass es nur das Ende des ersten Teils ist …