Picknick mit Bären

Für eine Kritik zu diesem Streifen weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Zwar war die Besetzung vielversprechend und interessant in der Kombination, aber aus einer scheinbar guten Literaturvorlage (ich selbst habe das Buch noch nicht gelesen) wurde ein überraschend schlecht gemachter Versuch, einen Natur-/Wanderfilm zu machen.

Es fing schon mit einer seltsamen Merkwürdigkeit an, als die Hauptfigur Bill Bryson (Robert Redford) unmittelbar hinter seinem Haus, das nicht den Anschein erweckete, erst vor Kurzem bezogen worden zu sein, ganz spontan und unvermittelt einen Zugang zum Appalachian Trail “entdeckt”. Huch, mein Grundstück liegt direkt an einem der frequentiertesten Wanderwegen der USA! Schon in den ersten Mintuten ein Logik-Loch … hätte mir eine Warnung sein sollen.

Aber schon zuvor beginnt eine extrem lieblose Aneinanderreihung von kurzen Handlungsschnipseln, bei dem Nebencharaktere erscheinen, ohne eingeführt zu werden, nur um dann wieder ohne eine Bedeutung für die Handlung, zu verschwinden. Die Familie von Bryson ist da nur ein Beispiel. Leider wurde Emma Thompson, die Catherine Brysen, die Ehefrau von Bill spielt, eine schrecklich dilettantische Rolle zugemutet. Sie soll wohl die Besorgte spielen, die zwar der Fels in der Beziehung zu sein scheint, aber sich trotzdem um Ihren Late-Life-Crisis geplagten Mann kümmert. Leider kommt bei dieser begnadeten Schauspielerin hier nur völlig deplatziertes Overacting heraus, das wahrscheinlich komisch wirken soll … es aber nicht ist.

Überhaupt soll bei diesem Film wohl der Humor eine wichtige Komponente sein … wenn man den Kommentaren der Crew auf der DVD glauben schenken soll. Womöglich ist wie gesagt die Buchvorlage mit viel Witz geschrieben … der Film hat leider so viel Komisches an sich, wie ein Laib Brot. Sollen zwei Männer, die stolpernd in einen Bach fallen lustig wirken? Oder die Tatsache, dass beide Protagonisten nach einem gescheiterten Selbstrettungsversuch ohne Hosen dastehen? Auch ein durchgebrochenes Etagenbett, bei dem der nicht leichte Nick Nolte auf dem zierlichen Robert Redford zu liegen kommt, soll komisch wirken? Wahrscheinlich soll auch die nervtötende Mitwanderin, Mary Ellen (gepielt von Kristen Schaal) humoristische Züge haben … ???

Möglicherweise ist hier auch der persönliche Geschmack entscheidend und andere können sich beim Zuschauen vor Lachen kaum noch halten. Meine Vermutung: All diejenigen, die sich bei Kasperletheater, Mathematikerwitzen oder zotigen Stammtisch-Kalauern unter den Tisch lachen, finden hier das Richtige.

Ich las auch viel über die Naturdarstellung in diesem Film. Scheinbar empfanden (wie viel auch immer) Zuschauer, dass hier die Natur so erhaben, ursprünglich und grenzenlos dargestellt wurde. Natur? Von Natur hat dieser Film meiner Ansicht nach so gut wie nichts gezeigt. Gut, Wald und ein paar Hügel sind zu sehen. Auch die für den deutschen Titel namensgebenden (dafür können der Regisseur und Drehbuchautor ausnahmsweise nichts) Bären kamen vor. Aber Darsteller und Statisten, die mit Luft oder höchstens Watte befüllten Rucksäcken einem stark frequentierten und ausgetretenen Pfad folgen, außer gut trainierten Filmbären keinem einzigen Tier begegnen und jede zweite Nacht in einem weichen Bett verbringen, befinden sich überall, nur nicht in der Natur. Der Regisseur oder Drehbuchautor, einer von beiden muss es ja verbockt haben, hat es weder für nötig befunden, die physischen Leiden von zwei untrainierten Senioren bei einem wochenlangen Wandertrip zu erläutern (blutige Blasen an den Füßen, Muskelkater an Stellen, die man bisher noch nicht kannte, Rückschmerzen vom ungewohnten Gewicht auf den Schultern und der harten Schlafunterlage sowie die olfaktorischen Randerscheinungen, wenn man sich schwitzend in immer denselben Klamotten befindet), noch wie sich die beiden mit der Zeit arrangieren, sich ihre Körper abhärten (oder kaputt gehen) und lernen, was es heißt, auf Witterung und Wald Rücksicht zu nehmen. Ganz zu schweigen von der laienhaften Umsetzung eines vermeintlichen Kälteeinbruchs im Mai, inmitten eines Waldes, der schwer nach Spätsommer aussieht, durch schlecht gemachten, wild (aus allen Richtungen … gemeinhin ist nach einem Sturm nur eine Baumstammseite von Schnee bedeckt) versprühten Kunstschnee.

Die Handlung des Films hätte genügend Potential gehabt, den beiden Hauptfiguren zu gestatten, auf diesem langen Trip eine persönliche Entwicklung zu durchlaufen. Vom stagnierenden Schriftsteller, der wieder die Liebe für das Schreiben entdeckt. Vom gescheiterten Alkoholiker, der wieder einen Sinn im Leben findet und von vorne anfängt. Doch … nichts geschieht. Gar nichts. Der Trail wird abgebrochen, man fährt nach Hause … und … nichts. Die im DVD-Kommentar so oft beschworene Kombination aus Humor und Pathos … weder das eine noch den anderen konnte ich finden. Stattdessen wird trotz vielversprechender Besetzung eine gute Handlung durch die unheilige Allianz von Lieblosigkeit und fehlender Film-Seele konsquent zu Fall gebracht. Am liebsten würde ich vergessen, dass der Film von Redford stammt.

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